Warum baden wir im Garden Eden textilfrei?
Ist Saunakultur etwas Festes und Unveränderliches?

Im April 2019 ergab sich eine Diskussion über Nacktheit in der Sauna anlässlich unserer textilfreien Mitternachtssauna. Das nahmen wir zum Anlass für eine grundsätzliche Stellungnahme zum Thema „Nackt in der Sauna“.

​Wir halten die Nacktheit in der „normalen“ Sauna für eine wunderbare Errungenschaft. In England, USA, Frankreich und Italien gehört es dagegen zur „Saunakultur“, unbedingt bekleidet zu bleiben.

1. Temperatur

Nacktheit ermöglicht es allen Bereichen der Haut, die Hitze mittels Schwitzen abzuwehren und Saunieren ohne Kleidung ist einfach sehr easy und praktisch.

2. Soziales

Mit der Kleidung geben wir unnötigen Status, sozialen Rang und den oft verkrampften Willen, ewig jung und makellos zu sein, im Umkleideraum ab. Das an sich ist schon sehr entspannend, es sorgt für gleiche Rechte, gleichen Respekt in einem geschützten Raum. Die Nacktheit führt uns vor Augen, dass wir verletztliche Wesen sind, die auf soziale Akzeptanz und gute Manieren angewiesen sind. Sie bringt uns näher an unsere zentralen Bedürfnisse und Gefühle. Der Wechsel von heiß und kalt – ganz ungeschützt und bloß, die Reduktion auf ganz basale körperliche Vorgänge kann so am Besten wirken.

3. Hygiene

Der deutsche Saunabund hat sich seit Kriegsende sehr engagiert für die Nacktheit eingesetzt – mit Recht! Dazu wurde unter anderem das Agument benutzt, eine Badehose in der Sauna sei unhygienisch.

Als Dr. Fritzsche, der intelligenteste und verdienteste Förderer des Saunagedankens, uns beim Saunameister-Lehrgang Anfang der 80er Jahre in München mit diesem Argument konfrontierte, spürte ich zwar ein gewisses Unbehagen, vertrat in den nächsten Jahren jedoch die gleiche Sicht mittels dieses Arguments.

Offen gesagt, es wäscht sich jeder Besucher einer Sauna, der sich an die Regeln hält, erst mal nach dem Auskleiden. Daher kann auch in problematischen Regionen des Körpers nicht mehr viel Schmutz vorhanden sein. Beim Abkühlen mit Dusche oder Schlauch kann das Wasser gleichfalls unter die Badehose geleitet werden, damit auch hier gespült ist.

Im Schweiß, der aus den Schweißdrüsen abgesondert wird, sind ein paar Salze enthalten, ein wenig Harnstoff und sonst nichts (99 % reines Wasser). Es lösen sich letzte Schmutzreste, ein paar Hautbakterien, mit denen wir sowieso immer leben und loses Haut-Epithel, das beim Abkühlen abgespült wird. Das müsste man Tage bebrüten, um eine gefährliche und schädliche Vermehrung von irgendwelchen Keimen zu erreichen.

Also, wenn man sich gut beim Abkühlen abspült, ist das Argument, saunieren in der Badehose sei unhygienisch, nicht überzeugend. Und die Wirkungen der Hitze und des Abkühlens bleiben mit der Badekleidung auch zu 95 % erhalten. Demnach kann das Argument der Hygiene nicht der Hauptgrund für’s nackte Saunieren sein.

Da wir nackt saunieren, ist in einer Sauna besonderer Schutz der Gäste nötig (Rücksichtnahme, absolute Achtung auf Abstand). Nacktheit in der Sauna hat nichts mit sexueller Freizügigkeit zu tun. Daher wird jede Anmache und Exhibitionismus streng geahndet.

Einige Worte zur Saunakultur

Die Saunakultur in Finnland, von wo wir dieses herrliche Bad übernommen haben, ist weder eindeutig noch seit Generationen festgeklopft. Grundsätzlich lernt der/die FinnIn die Sauna von den Eltern oder von der Verwandtschaft, und da gibt es große Unterschiede:

1920 lagen die überlieferten Temperaturen bei ca. 70°C und einer Feuchte von über 50% relativ. Als Dr. Fritzsche als Soldat im 2. Weltkrieg die finnische Sauna kennenlernte, lagen die Temperaturen bei ca. 90°C und 10-15% relativer Feuchte. Heute baden in Finnland viele bei 80-85 °C und 20-25% relativer Feuchte. Das ist nur ein Trend, oft baden Finnen in Rauchsaunen mit Öfen ohne Abluft nach aussen bei 100-120°C. Man heizt den Ofen auf, der Rauch zieht durch den Saunaraum, der schwarz von Rauch ist durch Fenster und Tür nach aussen.

Irgendwann wird das Feuer gelöscht, die Sauna gut gelüftet. Dann werden Türen und Fenster geschlossen und der Ofen (aus Stein gemauert mit mehreren hundert Kilo Steinen) heizt die Sauna auf über 100 °C hoch. Daher brennen auch immer wieder Rauchsaunen in Finnland ab, weil die Temperatur zu weit nach oben geht und das Holz sich entzündet.

Aufgegossen wird in Finnland oft alle paar Minuten einfach mit ein paar Kellen Wasser auf den Ofen, ohne Duftzusatz und Wedeln. Da gibt es natürlich auch andere Methoden; Birkensud und Terva werden beigemischt (ein nach Teer riechendes Destillat, das bei der Herstellung von Holzkohle anfällt) kommen zur Anwendung. Meist wird jedoch nicht gewedelt.

Es gibt historische Berichte von Reisenden aus Europa, dass Männer und Frauen nackt zusammen badeten (um 1750 …, auf dem Dorf). Um 1830- 1850 (viktorianisches Zeitalter, mit strenger Prüderie) gingen erst die Männer in die Sauna, wenn die fertig waren, waren Frauen und Kinder dran, am Schluß das Gesinde, wieder nach Geschlecht getrennt).

Auch heute ist die nach Geschlechtern getrennte Sauna am meisten verbreitet in Finnland. Zur Freude aller wird in Finnland gerne ein Bier oder Wodka in der Hitze getrunken und angeregt kommuniziert. Oft werden Würstchen auf dem Saunaofen gebraten und in der Sauna gegessen.

Die deutsche Saunakultur (inkl. Schweiz, Österreich und Südtirol) hat sich nach dem Krieg aus der finnischen entwickelt und inzwischen ganz eigene Formen angenommen.

Dr. Fritzsche von deutschen Saunabund hat hier eine große Rolle gespielt. Es wurden Kneippsche Elemente (Kneippschlauch, Kaltguss, warmes Fußbad) eingefügt, Essen und Trinken im Saunaraum wurde verpönt, die Temperaturen anfänglich auf 90°C festgelegt. Aufgüsse sollten ca. 3 mal drei Kellen mit etwas Wedeln umfassen. 8 – 15 Minuten sollte das Ganze dauern.

Alles andere wurde damals als Abkehr von der einzig richtigen und gesunden Saunakultur gebrandmarkt. Dampfbad und Whirlpool wurden als Verirrungen verurteilt, die heißeren und längeren Aufgüsse mit mehr Wasser, Eis auf dem Ofen und theatralischen Elementen abgelehnt.

Nach vielen Jahren der Ablehnung veranstaltet der Deutsche Saunabund jetzt selbst Aufgußmeisterschaften, Dampfbad und Whirlpool werden als positive Elemente einer Saunaanlage akzeptiert. Unterschiedliche Saunatemperaturen von 70 bis 110 °C werden toleriert. Die deutsche Saunakultur hat sich also von der finnischen entfernt, und hat sich differenziert. Wir sind bezüglich der Sauna „erwachsen“ geworden: Jeder entscheidet sich heute für „seine“ Saunatemperatur, seine Dauer und sein Abkühlritual – immer in Anlehnung oder Variation der Regeln des Deutschen Saunabunds.

Es gibt volkstümliche Saunen, wo man nackt im Restaurant sitzt, laut in der Kabine redet, nach dem Aufguss mit den Fäusten auf den Bänken trommelt, beim Aufguss die Schmerzgrenze überschritten wird.

Es gibt Saunen wie den Garden Eden, wo wir besser nicht laut in der Sauna reden, wenn andere dabeisitzen, wo die meisten Aufgüsse still ablaufen (vielleicht mit Musik), wo die Schmerzgrenze nicht dauernd überschritten wird und man im Restaurant im Bademantel dezent speist und trinkt.

Diese Saunakultur haben wir gemeinsam mit unseren Kunden entwickelt, Respekt, Toleranz, eine gewisse Dezenz sind wichtig. Wir wollen uns entspannen und unsere innere Stimme zur Geltung kommen lassen. Es muss möglich sein, in Ruhe ein Buch zu lesen und eine Runde zu schlafen. Das haben wir jetzt über 30 Jahre durchgehalten und bleiben dabei, auch bei der grundsätzlichen Nacktheit. Das beinhaltet, dass grundsätzlich alle Menschen bei uns nackt baden. Allerdings dulden wir, wenn jemand aus Schamgründen oder wegen OP-Narben etc. sich in der Sauna in ein Tuch wickelt.

Diese Saunakultur wollen wir nicht mit erhobenem Zeigefingern und Verboten durchsetzen – wir wollen vom Sinn dieser „Regeln“ überzeugen.

Mit der Textilsauna ausserhalb der normalen Öffnungszeiten wollen wir Menschen ansprechen, die vielleicht ein Problem mit der Nacktheit haben, Gäste können Freunde, Kollegen und Nachbarn mitnehmen um ihnen das Saunabaden und den Garden Eden nahezubringen.

Textilsauna wird es bei uns höchstens zwei Mal im Jahr geben, nicht um alle zu Badehosenträgern zu machen, sondern um Menschen für die Sauna zu interessieren, die dann später erleben können, dass Nacktheit in der Sauna eine wichtige und erstrebenswerte Sache ist. Die Verankerung der Sauna ohne Kleidung in Deutschland ist so stark, dass das nicht rückgängig gemacht werden kann (und soll). Laut Umfragen kennen zwischen 25 und 30 Millionen Menschen in Deutschland das Saunabad. Warum sollen wir den Rest nicht auch begeistern?

​Ich kann mich gut an meinen ersten Saunabesuch 1972 in der Nähe von Marburg erinnern. Ich hatte Riesenangst vor der eigenen Nacktheit und der der Anderen.

Nach einem Gang war die Angst weg.

Ihr Herrant Vortisch

Hier ein intessanter Link zu einer Betrachtung der Nacktheit in der Sauna aus anderem Blickwinkel (sehr gut!)

Ein Beitrag zur Sauna in anderen Ländern

Die FAZ zur Nacktheit in Hotelsaunen in anderen Ländern

Die Linke TAZ äußert sich auch dazu, teilweise ganz interessant